Jahrelang haben die Twilight-Fans darauf gewartet, aber ewig nicht damit gerechnet, dass es tatsächlich passiert: Biss zum Morgengrauen geschrieben aus Sicht Edwards. Ich kann mich noch erinnern, wie groß die Enttäuschung war, als es hieß, es würde nichts kommen, weil die ersten Kapitel geleaked wurden. Man kann nur mutmaßen, weshalb Stephenie Meyer sich nun doch umentschieden hat. Auf jeden Fall hat sie es geschrieben und es ist letztes Jahr im August unter dem Titel Biss zur Mitternachtssonne (Original: Midnight Sun) bei Carlsen auf Deutsch erschienen.
Gehöre ich überhaupt zur Zielgruppe?
Ich gebe es zu: Ja, auch zu meiner Vergangenheit gehört Twilight. Ja, ich habe den ersten Band durchgesuchtet. Band 2… ja, war auch ok. Für Band 3 habe ich extrem lange gebraucht (ich HASSE einfach Dreiecksgeschichten) und Band 4 niemals beendet. Ich kann nicht mal sagen, ob ich ihn überhaupt angefangen habe, es ist zu lange her. Aber ich kann sagen, dass sich meine Sicht auf die Bücher im Laufe der Zeit einfach grundlegend geändert hat. Dazu gehört auch, dass ich die Beziehung von Bella und Edward nicht mehr als romantisch und toll, sondern eher als toxisch und ungesund empfand. Aber trotzdem war ich natürlich neugierig auf den 848 (!!!!!) Seiten-Wälzer (zum Vergleich: Die deutsche Erstausgabe von Biss zum Morgengrauen hatte 512 Seiten).
Da ich zugegebenermaßen zu geizig war, 28 Euro für ein Buch auszugeben, von dem ich irgendwie erwartete, dass es mich enttäuschte, freute ich mich natürlich, dass das Hörbuch zu Biss zur Mitternachtssonne auf Bookbeat* zu finden ist.
Das Hörbuch: Biss zur Mitternachtssonne auf Bookbeat
23 Stunden und 58 Minuten. Da staunt man erst einmal nicht schlecht, aber gut, es sind ja auch fast 850 Seiten. Da ich auf doppelter Geschwindigkeit höre, war es erst einmal auch ok für mich. Als ich bereits die Hälfte hinter mir hatte, habe ich aus Interesse nach dem Hörbuch gegooglet und festgestellt, dass die Version von Bookbeat die gekürzte Lesung ist. Da wäre ich erst einmal beinahe vom Stuhl gekippt. 24 Stunden und es ist gekürzt? Ja, tatsächlich. Die ungekürzte Version ist noch einmal drei Stunden länger. Aber da gehe ich später noch darauf ein.
Gelesen wird das Hörbuch von Oliver Kube. Dieser macht definitiv einen guten Job, liest es auch gut ein. Allerdings empfinde ich ihn unpassend besetzt, da er sich zu alt für einen 100jährigen im Körper und mit der Stimme eines 17jährigen anhört. Die verstellten Stimmen für die weiblichen Protagonisten klingen teilweise leider auch etwas lächerlich.
Der Inhalt
Der Inhalt dürfte eigentlich allen bekannt sein, schließlich handelt es sich hier um Biss zum Morgengrauen nur eben aus Edwards Perspektive. Auf 850 Seiten. Hatte ich schon erwähnt wie unendlich lang dieses Buch ist? Ich habe ja grundsätzlich nichts gegen lange Bücher, solange der Inhalt stimmt. Und hier kommen wir zum eigentlichen Problem: Es ist nicht nur lang, sondern auch langweilig. Warum? Weil Edward alles ins kleinste Detail zerdenkt, ständig werden Dinge wiederholt und Edward badet 70% des Buches (Schätzwert natürlich) in Selbstmitleid.
Die andere Zeit ist er einfach nur ungewollt gruselig und beschert uns einen cringe-Moment nach dem nächsten.
Amüsant empfand ich zuerst, wie er sich einmal als Vampir-Stalker bezeichnet, nur um kurz darauf festzustellen, wie er es sich schön redet, dass er jede Nacht bei Bella einsteigt, sich in einen Sessel in der Ecke setzt und sie beobachtet. Oder ihr auf Schritt und Tritt folgt. Aber das macht er ja nur, weil er sich Sorgen um sie macht. Deswegen ist es in Ordnung. Seiner Meinung nach. Und Bellas ja auch, sonst würde sie sich ja nicht darüber freuen (Jetzt mal ehrlich, so viel wie mein Sohn schon im Schlaf pupst, dürfte Bella da auch das ein oder andere Lüftchen entfleucht sein, und Edward wird es gehört haben – allein das würde mich – abgesehen von den eindeutigen gruseligen Vibes – schon stören). Eine normale Reaktion wäre wohl eher Beine in die Hand und Gitter vor die Fenster gewesen.
Wirklich neues erfahren wir auch nicht. Die ersten zwei Stunden des Hörbuchs denkt Edward nur, wie er Bella am besten tötet und man ist dann irgendwann so genervt, dass man sich dabei ertappt, wie man denkt: „dann mach es doch!“. Ich hätte erwartet, dass man bei 850 Seiten vielleicht auch etwas zu Edwards Vergangenhheit oder einfach neue Seiten über ihn unterbringt. Nope. War wohl bei dem ganzen „Inhalt“ nicht mehr in Biss zur Mitternachtssonne unterzubringen. Was wir allerdings erfahren, ist, dass er trotz zwei medizinischer Abschlüsse nicht erkennt, dass Bellas Herz vor Aufregung schneller schlägt, wenn sie in seiner Nähe ist.
Oh, ebenfalls zum Lachen gebracht hat mich seine Angst, sie könne ihn für ein Monster halten, weil er in der Sonne glitzert. Wirklich, selten so gelacht. Dieses Monster glitzert in der Sonne, wer würde sich da nicht in die Hose machen? Wirklich, total gerechtfertigt seine Sorgen.
Außerdem: was will ein Opa – ernsthaft, er ist wie alt? Ü100? – von einer 17jährigen??? Bei dem, was er erlebt hat, ist er geistig doch eigentlich schon viel weiter und sie wäre ein Kind für ihn. Na gut, wenn man seinen Erzählungen lauscht, könnte man allerdings auch manchmal denken, er wäre ein liebeskranker 12jähriger.
Fazit zu Biss zur Mitternachtssonne
Ich denke, aus dem Rest meines Textes geht es schon hervor, was ich davon halte. Nicht wirklich viel. Und nicht einmal aus Nostalgiegründen kann ich dem Buch etwas abgewinnen. Wir haben hier einen 850 Seiten Schmöker, der nichts neues erzählt und mindestens um die Hälfte hätte gekürzt werden können. Ich habe die Printausgabe nicht gesehen, aber mehrfach gelesen, dass da wohl am Lektorat gespart wurde. Ergebnis: viele Fehler, unnötige Wörter und viele Wiederholungen, was bei dieser Preisklasse nicht sein dürfte.
Edward ist ein egozentrischer Waschlappen mit Bella-Komplex. Und ein Stalker. Sympathisch, sexy und romantisch sieht für mich anders aus.
Warum Stephenie? Warum?? Ein Schelm, der sich böses dabei denkt, wie z.B., dass da jemand die Twilight-Kuh noch einmal melken wollte. Ob es notwendig war, werden wir wohl nie erfahren. Aber überflüssig ist dieses Buch schon irgendwie…
Ich glaube, ich habe es noch nicht erwähnt, aber dieses Buch ist außerdem unglaublich lang! Bei der 24stündigen Version passiert schon nix, ich frage mich immer noch: Was bitte haben sie rausgekürzt, was man als noch unwichtiger empfand?? Immerhin wurden ganze drei Stunden weggekürzt! Aber bevor ich es lese oder mir die ungekürzte Version anhöre, lasse ich dieses Mysterium für mich einfach bestehen.
Lange Rede, kurzer Sinn: 1 von 5 Sternen, denn etwas Mühe hatte die gute Frau beim Tippen von fast 850 Seiten ja schon.
P.S.: Ich finde es schade, dass Stephenie Meyer es nicht genutzt hat, den besten Plottwist überhaupt zu nutzen: Edward hat in Wirklichkeit die Schulklasse ausgelöscht, Bella ausgesaugt und getötet. Jetzt sitzt er irgendwo zur Sicherheit eingesperrt, weil er auf Grund des Mordes komplett durchgedreht ist und die komplette Geschichte spielt sich nur in seinem Kopf ab, weil er mit seiner Schuld nicht klar kommt.
Spoiler?
Jeder, der darüber nachdenkt dieses Buch zu lesen, kennt sicherlich Biss zum Morgengrauen. Also alles bekannt und keine Spoiler notwendig.
~Annie~
*Ihr fragt euch was Bookbeat ist? Dann schaut doch mal in diesen Beitrag von uns.
Ohje ohje ohje, ich werde es wohl niemals lesen 😄 die Twilight Reihe möchte ich allerdings schon irgendwann noch mal lesen. Hab sie sogar in verschiedenen Ausgaben hier, weil ich sie damals unendlich geliebt habe. Vermutlich denke ich heute auch anders darüber 🙈
Falls doch, dann tue dir lieber das Hörbuch an ^^“. Ich glaube, das ist eigentlich auch nicht verkehrt, also rereaden und dann mal schauen, wie man dazu steht. Ich habe früher viele Manga gelesen und da sehe ich einige Reihen jetzt auch mit anderen Augen (besonders die, die mit dem Klischee des „Bad Boy“ spielen – eigentlich sind das meist keine Bad Boys, sondern A****löcher, das sind so oft toxische Beziehungen und die jungen Mädchen fahren drauf ab, finde das echt kritisch). Ich bin auf jeden Fall gespannt, was du zu Twilight sagst, wenn du es noch einmal gelesen hast 😀
Ich habe übrigens meine Bücher verschenkt, hatte sogar die Hardcover Erstausgaben ^^
Nee, das Hörbuch wird es auf gaaaaar keinen Fall, wenn überhaupt, dann das Buch 😂 ich hasse so lange Hörbücher und beim Lesen hätte ich wenigstens noch den Schreibstil, den ich damals wirklich mochte. Aber vermutlich werde ich es nicht lesen und Twilight dauert auch eher noch 😄 jaaa, toxische Beziehungen gibt es ja oft in Büchern und es wird so dargestellt, als sei das nicht so. Bin da sehr froh, dass ich in dem Sinne „erwachsener“ geworden bin und das mittlerweile auch sehe 🙈